21. August 2022 | 09:51 Uhr
Unwetter-Warnung für den Osten
Wien und Niederösterreich zittern vor Sintflut-Regen
Nun muss der Osten zittern: Heftige Unwetter ziehen heute, Sonntag, über Wien und Niederösterreich hinweg.
Nun trifft es auch den Osten Österreichs: Im Laufe des Sonntages ziehen heftige Unwetter über Wien, Niederösterreich und das Burgenland hinweg. Für die Bundeshauptstadt wurde die zweithöchste Unwetter-Warnstufe ausgegeben: Von Sonntag bis Montagabend kann drei mal so viel Regen fallen wie den ganzen Juli über. Die Überflutungsgefahr steigt. Noch schlimmer dürfte es Niederösterreich und das nördliche Burgenland treffen. Dort gilt heute die höchste Unwetterwarnstufe. Es kann ganze 100 bis 150 Liter pro Quadratmeter regnen – für den trockenen Boden bedeutet das eine Herausforderung, da er die Regenmassen nicht aufnehmen kann.
Auch in Salzburg, Oberösterreich und in der Steiermark ziehen noch einige Wolkenfelder durch, hier dürfte es aber bei einzelnen Regenschauern bleiben. Generell sonnig bleibt es dagegen im Westen und Süden.
Diese Aussichten dürften in den südlichen und westlichen Bundesländern mit Erleichterung aufgenommen werden, wo am Samstag die Aufräumarbeiten nach den vorangegangenen heftigen Unwettern mit Vermurungen im Gang waren. Bei überwiegend trockenem Wetter wurden am Samstag in Vorarlberg die von den Rekordniederschlägen verursachten Schäden begutachtet und die Aufräumarbeiten begonnen bzw. fortgesetzt. Viele Feuerwehrleute hatten bereits die Nacht durchgearbeitet. Verkehrseinschränkungen gab es so gut wie keine mehr.
Aufräumarbeiten im Westen dauern an
Nach einem Hangrutsch war am Samstag die Straße zwischen Buch und Wolfurt im Bezirk Bregenz weiterhin gesperrt. Das Gebiet war vom Starkregen besonders betroffen gewesen. Das gilt auch für Dornbirn, wo die Furt über die Dornbirner Ache bis zumindest Dienstag geschlossen bleibt. Laut einer Mitteilung der Stadt überschritt der Pegel der Ache die Marke eines 100-jährlichen Hochwassers am Freitagabend um 20 Zentimeter. Schäden habe es auch im Rappenloch und im Alploch gegeben. Die Wanderwege blieben trotzdem offen, doch wurde zu besonderer Vorsicht aufgerufen.
Ebenso riet das Umweltinstitut wegen einer möglichen Beeinträchtigung der Wasserqualität zu Vorsicht beim Baden an überschwemmten Uferabschnitten des Bodensees. Eine vorübergehend erhöhte Keimbelastung könne nicht ausgeschlossen werden, hieß es. Wasserproben zur Feststellung der Badequalität an den Bodensee-Badestellen seien bereits genommen worden.
Stundenlang anhaltender Starkregen hatte in Vorarlberg am Freitag rund 1.500 Feuerwehreinsätze notwendig gemacht. Die Rekordniederschläge führten zu zahlreichen Überflutungen von Ortsteilen und Straßen, auch Muren gingen nieder. Ein wichtiger Abschnitt der Rheintalautobahn (A14) war stundenlang gesperrt, was den Verkehr im Unteren Rheintal zum Erliegen brachte. Ein Ende des Regens gegen Mitternacht brachte aber deutliche Entspannung. Verletzt wurde niemand.
Im Minutentakt wurden Wassereintritte in Gebäude gemeldet, vor allem Keller und Garagen liefen voll. Ebenso wurden Unterführungen und Fahrbahnen auch wichtiger Verkehrsadern überschwemmt, mehrere Autos steckten in den Wassermassen fest. Die Rheintalautobahn war von Freitagabend, 18.00 Uhr, bis Samstagfrüh, 2.00 Uhr, nicht befahrbar. Zeitweise war auch die Bahnlinie ab Dornbirn in Richtung Bregenz gesperrt.
Besonders betroffen war das Untere Rheintal. Über die Ufer getretene Bäche überfluteten das Ortszentrum von Wolfurt, Muren gingen nieder, auch mehrere Firmengebiete wurden überschwemmt. Weiter im Süden, in Götzis (Bez. Feldkirch), stand nach einem Dammbruch eine 200 Quadratmeter große Tiefgarage zwei Meter unter Wasser, in Altach musste der Bereich vor dem Schwimmbad Rheinauen geflutet werden.
Hatten Vorarlbergs Fließgewässer aufgrund der Trockenheit der vergangenen Wochen Niederwasser geführt, so verwandelten sie sich am Freitagnachmittag in reißende Flüsse und Bäche. Nach dem Ende des Regens beruhigten sich die Pegel rasch und sanken auf das Niveau von "erhöhtem Mittelwasser", das sehr häufig auftritt. Der Bodensee-Wasserstand - der See ist weiter sehr niedrig - legte von Freitagfrüh bis Samstagfrüh um 21 Zentimeter zu - damit der Bodensee um nur einen Zentimeter steigt, braucht es 5,4 Millionen Kubikmeter Wasser.
Nach Angaben der ZAMG gab es bis Freitagnachmittag über das ganze Land verteilt neue Rekorde an 24-Stunden-Regenmengen: In Bregenz kamen bis 16.30 Uhr über 200 Liter pro Quadratmeter zusammen (bisher Höchstwert: 174 Liter/1968), in Dornbirn waren es knapp 180 Liter (113 Liter/2013). In Fraxern im Bezirk Feldkirch wurden knapp 160 Liter (126 Liter/2013) verzeichnet, in der Stadt Feldkirch 150 Liter (122 Liter/1910). Zum Vergleich: Durchschnittlich fallen in Vorarlberg im ganzen Monat August nicht mehr als 100 Liter Regen.
Im Tiroler Bezirk Reutte hatte am Samstagvormittag nach starken Niederschlägen eine Mure die Tannheimer Straße (B199) verlegt. Sie war zeitweise ab Weißenbach nicht mehr passierbar, gegen 11.00 Uhr war sie wieder zweispurig befahrbar. Innerhalb der Gemeinde Nesselwängle war der Ortsteil Rauth aufgrund einer unterspülten Straße bis am Abend nicht erreichbar, ab dann sollte die Verbindung stundenweise wieder einspurig frei gegeben werden. Zudem wurde auch in Nesselwängle ein Hangrutsch gemeldet.
Mehrere Feuerwehren aus dem Tannheimer Tal sowie Gemeinde-Mitarbeiter waren mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Sowohl in Nesselwängle als auch in Grän traten mehrere Bäche über die Ufer, Keller liefen voll. Nach Angaben der Feuerwehr gegenüber ORF Radio Tirol stand das Sägewerk Grän etwa eineinhalb Meter tief im Wasser, in Tannheim waren zwei Betriebe im Gewerbegebiet stark betroffen. Dort stand das Wasser bis zu einem Meter hoch.
Auch in Kärnten, wo am Donnerstag zwei Mädchen im Alter von drei und acht Jahren bei einem heftigen Gewitter mit orkanartigen Böen gestorben waren, und in der ebenfalls stark betroffenen Steiermark gingen die Aufräumarbeiten nach den Wetterkapriolen weiter. Wie der Präsident des österreichischen Bundesfeuerwehrverbands, Robert Mayer, am Samstag erklärte, wurden in der Steiermark rund 1.000 Einsätze aufgrund des Unwetters verzeichnet, die 370 Feuerwehren sowie fünf Ortsstellen der Bergrettung beschäftigten. In Kärnten waren 94 Einsatzkräfte der Feuerwehr, Wasserrettung, Rettung sowie 16 Polizeibeamtinnen und -beamte im Einsatz.
Mayer betonte, die Unwettereinsätze würden Bevölkerung und Feuerwehren "vom Bodensee bis zum Neusiedlersee" fordern. Nichtsdestotrotz hätten die zum Großteil ehrenamtlichen Feuerwehrmitglieder "wieder einmal bewiesen, dass das österreichische Feuerwehrwesen funktioniert, auch wenn die Einsätze oftmals tragisch und psychisch belastend sind", sagte Mayer in einer vom Innenministerium verbreiteten Pressemitteilung.