17. August 2024 | 09:38 Uhr
Aufräumarbeiten
Nach Sturzflut: Wettlauf gegen die Zeit in St. Anton
Nach dem Unwetter mit Starkregen in Teilen der Tiroler Bezirke Landeck und Innsbruck-Land Freitagabend sind am Samstag die Aufräumarbeiten vor allem im hauptbetroffenen St. Anton am Arlberg (Bezirk Landeck) auf Hochtouren gelaufen.
350 Kräfte von Feuerwehren, aber auch Bergrettung und Rotem Kreuz standen im Einsatz, sagte Peter Mall vom örtlichen Krisenstab zur APA. Vor allem gehe es darum, Keller und Garagen auszupumpen sowie die Geschiebebecken vom Geröll zu befreien.
Letzteres sei vor allem deshalb wichtig, weil schließlich für dieses Wochenende weitere Regenfälle prognostiziert werden. Die Aufräumarbeiten müssten daher rasch erfolgen, sie dürften aber zumindest den Samstag über in Anspruch nehmen. Man habe es mit "26 Einsatzstellen" zu tun, erklärte Mall. Diese seien bis in die Nacht gesichtet worden und würden nun beständig abgearbeitet. "Zum Einsatz kommt dabei auch schweres Gerät - etwa Bagger und Lkw - mit denen die Erdmassen der Muren abtransportiert werden", schilderte der Bürgermeister von St. Anton, Helmut Mall. Dafür wird viel aufgeboten: Die Einsatzkräfte wurden am Samstag von einem Katastrophenhilfszug unterstützt, der aus 24 Feuerwehren aus dem Bezirk Landeck und fünf Großpumpen aus Lans, Imst, Innsbruck-Arzl und zwei von der Landes-Feuerwehrschule bestand, informierte das Land in einer Aussendung.
© APA/BFV LANDECK
Starke Schäden
Betroffen von den Überflutungen und teils meterhohen Vermurungen mit massenweise Geröll und Gestein, die auch Gebäude beschädigten, war laut Land Tirol das westliche Ortsgebiet von St. Anton am Arlberg mit einigen Ortsteilen sowie dem Bereich um zwei Kreisverkehre. Eine große Mure war unter anderem am sogenannten Jungbrunntobel abgegangen, zwei Bäche traten daraufhin über die Ufer, es kam zu Verklausungen. Wasser drang in Keller von Häusern ein, einige Straßen wurden geflutet und zu reißenden Bächen. Das unmittelbare Ortszentrum der bekannten Tourismusgemeinde wurde zwar auch etwas in Mitleidenschaft gezogen, dort hielt sich aber das Ausmaß an Überschwemmungen und damit auch an Schäden in Grenzen, hieß es.
© APA/BFV LANDECK
Dramatische Augenblicke spielten sich, wie auch Videoaufnahmen zeigten, am Ufer der Rossana ab. Die Wassermassen rissen mindestens drei Autos in den Fluss. Es befanden sich aber keine Personen in den Pkw, generell lagen keine Informationen über Verletzte vor, so Mall vom Krisenstab. Auch auf einem gefluteten Parkplatz steckten mehrere Pkw und ein Bus in Geröll und Schlamm fest.
Hubschrauberflug
Am Vormittag fand indes ein Hubschrauberflug mit Landesgeologie und Wildbachverbauung statt, um mögliche Gefahrenstellen bzw. Gefahrenpotenziale auszuforschen. Zudem machten sich Tirols Landeshauptmann Anton Mattle, selbst im Bezirk Landeck beheimatet, sowie Sicherheitslandesrätin Astrid Mair (Beide ÖVP) ein Bild der Lage. "Zunächst sind wir alle sehr erleichtert, dass kein Mensch bei den gestrigen Unwettern zu Schaden gekommen sind - das ist das Wichtigste", betonte Mattle. Dennoch habe man es mit einem "enormen Sachschaden" zu tun. "Wir beobachten die Wettersituation auch in den nächsten Stunden und Tagen ganz genau", sagte der Landeshauptmann. Zudem wies er darauf hin, dass man für "all jene, die Hab und Gut verloren haben oder Schäden an ihren Gebäuden verzeichnen müssen", Unterstützung anbiete: "Mit dem Katastrophenfonds können wir bei solchen Schäden nach Elementarereignissen zielgerichtete finanzielle Hilfe leisten."
Unterdessen blieb die Arlberg-Bundesstraße bzw. Passstraße (B 197) bei St. Anton, auf die eine Mure abgegangen war, vorerst weiter für den Verkehr gesperrt. Die Dauer der Sperre sei derzeit "noch nicht abschätzbar", hieß es seitens des Landes. Da auch der Arlbergtunnel derzeit wegen Sanierungsarbeiten gesperrt ist, waren somit vorerst beide Straßenverbindungen am Arlberg unpassierbar. Vorarlberg war von Tirol aus vorerst nur über das Lechtal bzw. Deutschland erreichbar. Wie die Vorarlberger Polizei Samstagvormittag mitteilte, wurde die Straße auf Tiroler Seite bereits geräumt, wies allerdings Schäden auf, durch die eine Befahrung für den öffentlichen Verkehr derzeit noch nicht möglich sei. Von und nach Osten war die An- und Abreise nach St. Anton weiterhin möglich.
Auch auf Vorarlberger Seite hinterließ eine Mure ihre Spuren: Bei St. Christoph am Arlberg wurde die gesamte Fahrbahn verlegt. Die Straße wurde stark unterspült und die Fahrspur in Fahrtrichtung Tirol zerstört. Die Fahrspur Richtung Bludenz blieb aufgrund der darunterliegenden Stützmauer bestehen und konnte für die Aufräum- und Evakuierungsarbeiten verwendet werden, hieß es. Es werde derzeit im Bereich des Arlenmäderbaches an einer Möglichkeit gearbeitet, die beschädigte Straße zu umfahren, so die Vorarlberger Polizei. In Stuben am Arlberg mussten laut Land drei Häuser vorübergehend evakuiert werden. Kurz vor der Passhöhe wurde die Landesstraße teilweise weggerissen.
In Tirol war es am Freitag unterdessen auch im Bezirk Innsbruck-Land lokal im Zuge eines schweren Unwetters über das westliche Mittelgebirge zu massiven Erdrutschen gekommen. Die Sellraintalstraße (L13) war nach einem großen Murenabgang im Gemeindegebiet von Sellrain zwischen Sellrain und Kematen vorerst gesperrt. Die Sperre bleibe aufgrund der Größe des Murenereignisses und der aktuell schlechten Wetterprognosen zumindest bis Montag aufrecht, wurde am Samstag betont. Dann erfolge eine erneute Lagebeurteilung. Eine Umfahrung war über Oberperfuss, Grinzens oder das Kühtai möglich.
Im Verlauf der Nacht auf Samstag standen in Tirol 51 Feuerwehren mit hunderten Einsatzkräften im Einsatz und bewältigten 131 Alarmierungen. Besonders betroffen war neben St. Anton auch die Gemeinde Grinzens im westlichen Mittelgebirge (Bezirk Innsbruck-Land), wo es zu mehreren Überschwemmungen kam und Keller ausgepumpt werden mussten.